In der Nachkriegszeit wurden Medikamente an Heimkindern getestet. Oft ging es auch darum, die Jungen und Mädchen einfach ruhigzustellen. Nun sollen in Nordrhein-Westfalen Fachleute dieses dunkle Kapitel erforschen.
Bis vor wenigen Jahrzehnten zählte es in vielen staatlichen und kirchlichen Heimen zur Routine, Kinder und Jugendliche mit Medikamenten zu disziplinieren und ruhigzustellen. Vielerorts fanden außerdem Tests mit neu entwickelten, manchmal noch gar nicht zugelassenen Arzneimitteln statt, ohne dass die Heranwachsenden und ihre Eltern vorher um Einwilligung gefragt worden waren. Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) spricht von einem „dunklen Kapitel der Landesgeschichte“, das es endlich aufzuklären gelte.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat deshalb nun bei einer Forschungsgruppe verschiedener deutscher Hochschulen unter Leitung des Medizinhistorikers Heiner Fangerau von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eine umfassende Studie in Auftrag gegeben. Das Team soll den missbräuchlichen Einsatz von Medikamenten in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe und der Psychiatrie von der Gründung Nordrhein-Westfalens im Jahr 1946 bis zum Jahr 1980 systematisch erforschen und darlegen. „Auch die Verantwortlichen werden klar benannt“, verspricht Laumann. „Das sind wir den Betroffenen schuldig.“